Im Spätsommer soll in Uster ein sogenanntes Klimabürger*innenpanel stattfinden. Für die Schweiz ein Pilotprojekt, folgen die Stadt und der Kanton Zürich damit einem international in dutzenden Städten und Ländern erprobten Beispiel. Grundsätzlich sind Büger*innenversammlungen ein Mittel um basisdemokratisch, deliberativ Entscheidungen zu treffen. Frei von Parteipolitik und Lobbyismus, dank demografisch repräsentativem (Zufalls-)Auswahlverfahren. Die “Citizens Assembly on Climate Change” in Oxford beispielsweise ist ein politischer Entscheidungsträger, in dem 50 Bürger*innen an Wochenenden die lokale Politik mitprägen. Wie ähnliche Versammlungen entschied die Assembly unter anderem, dass 2050 (das nationale Ziel) deutlich zu spät ist um Netto Null Treibhausgasemissionen zu erreichen. Ausserdem soll Oxford so zur Pionierstadt und dadurch zum nationalen Beispiel im Bereich fortschrittlicher Klimapolitik werden. Die Politik der Stadtregierung wurde durch die Entscheide in beeindruckendem Masse geprägt.
Eine Pionierstadt braucht dringend auch die Schweiz. Der Kanton Zürich möchte in Uster ein ebensolches Paradebeispiel schaffen. Damit dieses Panel aber mehr als nur ein leeres Versprechen ist, müssen nach Meinung des Klimastreiks einige Mindestanforderungen erfüllt sein.
Für das Zentrum für Demokratie handelt es sich beim Ustermer Panel um ein Studienobjekt, für die Klimabewegung um einen Hoffnungsschimmer der zum Leuchtturmprojekt werden soll. Dafür braucht es echte Basisdemokratie; Nach repräsentativen Merkmalen aus der Gesamtbevölkerung ausgewählte Panelteilnehmer*innen - also tatsächlich alle, unabhängig vom Pass. Ab welchem Alter man Entscheidungen treffen kann, sei hier offen gelassen. Unabhängig, jedoch mit neutraler fachlicher Unterstützung sollen die Teilnehmer*innen die Klimapolitik der Stadt Uster mitgestalten können. Die Fragestellungen werden im Rahmen des Panels offen konkretisiert um möglichst grosse Entscheidungsfreiheit zu gewähren. Von Beginn weg soll hingegen klar sein, wo die Entscheidungen des Panels politisch eingeordnet werden und dass sie einen verbindlichen Auftrag an die Exekutive darstellen.
Wir erwarten von diesem wissenschaftlich begleiteten Demokratie-Experiment grösstmögliche Transparenz, sowie eine offene, proaktive Kommunikation. Denn die gesamte Bevölkerung soll von den faktenbasierten Diskussionen profitieren und schlussendlich die Ergebnisse mittragen. Das Klimabürger*innenpanel hat, richtig umgesetzt, das Potential, durch den Einbezug aller Bevölkerungsgruppen & -schichten notwendige Aufklärung und Inklusion zu betreiben.
Der Klimastreik befürchtet anhand der bekannten Eckpunkte, dass das aktuell angedachte Versuchspanel die Hoffnungen nicht erfüllen wird. So droht das Panel zu einer (wissenschaftlich interessanten) Alibiübung zu verkommen. Gelingt es die Bevölkerung mitzunehmen? Wird das Panel mit echten Kompetenzen ausgestattet (voraussichtlich nicht) und so tatsächlich deliberative, direkte Demokratie zugelassen? Wir sind überzeugt, dass Bürger*innen, die persönlich menschliche Interessen vertreten dürfen, mutigere Entscheidungen treffen, als Lobbyist*innen und Politiker*innen. Dieses Projekt könnte Vorwand für weitere Jahre des Nichtstuns sein, oder aber das Vertrauen in die Demokratie und das Verständnis für die Klimakrise stärken und für diese zweite Option setzen wir uns ein.
Wenn das Klimabürger*innenpanel langfristig und umfassend gedacht würde und die daraus resultierenden Folgerungen auch konkret umgesetzt werden, hat Uster das Potential unsere Vision einer nachhaltigen, klimagerechten und sozialen Gesellschaft abzubilden. Wir sind überzeugt, dass der Kanton Zürich hier neue Wege beschreiten soll und auch kann und das Beispiel Uster auch in der Schweiz Nachahmer finden wird.